Stress im Berufsalltag – Mit Job Crafting die Stärken nutzen
Die Folge hören
- Was ist Stress im Berufsalltag?
- Wie reagieren Menschen bei Stress?
- Job Demand Resource Model
- Welche Folgen kann langanhaltender Stress haben?
- Was sind gesunde Copingstrategien?
- Wie kann deine Führungskraft helfen?
- Job Crafting – Arbeit verbessern
Transkript zur Folge
Heute geht es um ein Thema, das uns alle betrifft: Stress im Berufsalltag.
Vielleicht hast du das auch schon erlebt: Deine To-Do-Liste wird immer länger, ständig kommen neue Aufgaben dazu, und am Ende des Tages fühlst du dich, als hättest du trotz aller Anstrengungen kaum etwas geschafft. Überspannung ist allgegenwärtig, aber er muss nicht die Kontrolle übernehmen.
In dieser Folge sprechen wir darüber:
- Was Stress im Berufsalltag eigentlich ist und warum er uns so stark beeinflusst.
- Wie wir darauf reagieren und was das mit uns macht.
- Welche Strategien dir als Führungskraft helfen können, Stress bei dir und deinem Team zu reduzieren.
Und ganz wichtig: Wir schauen uns zwei spannende Konzepte an – das Job Demand Resource Model und Job Crafting – und wie du sie nutzen kannst, um deine Arbeit gelassener und erfüllender zu gestalten.
Was ist Stress im Berufsalltag?
Erregung entsteht, wenn die Anforderungen an uns höher sind als die Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen. Das kann alles Mögliche sein: ein übervolles E-Mail-Postfach, unrealistische Deadlines oder auch Konflikte im Team.
Stell dir vor, du bereitest eine wichtige Präsentation vor, aber ständig unterbrechen dich Kollegen mit Fragen oder Zusatzaufgaben. Du bist gehetzt und hast das Gefühl, dass deine Arbeit nie wirklich fertig wird.
Stress im Berufsalltag lässt sich in zwei Arten einteilen:
- Akut: Kurzfristige Belastungen wie ein wichtiges Meeting oder eine knappe Deadline. Das kann sogar positiv wirken, weil er uns kurzfristig leistungsfähiger macht.
- Chronisch: Andauernde Belastungen, wie ständig hohe Arbeitslast oder fehlende Wertschätzung. Diese Art der Anspannung ist gefährlich, weil er langfristig zu Erschöpfung führt.
Wie reagieren Menschen bei Stress?
Menschen reagieren unterschiedlich auf Spannung, aber es gibt einige typische Muster:
- Körperliche Reaktionen:
Herzrasen, Verspannungen oder Schlafprobleme sind häufige Symptome. Vielleicht fühlst du dich auch dauerhaft erschöpft oder merkst, dass du häufiger krank wirst. - Emotionale Reaktionen:
Anspannung macht uns gereizt, ungeduldig oder sogar ängstlich. Manche Menschen fühlen sich überfordert und ziehen sich zurück. - Verhaltensänderungen:
Unter Stress greifen viele auf ungesunde Bewältigungsstrategien zurück – wie endloses Arbeiten, ohne Pausen einzulegen, oder vermehrten Konsum von Kaffee, Alkohol oder Snacks.
Ein Beispiel: Du bist als Führungskraft in einem Meeting und merkst, dass deine Geduld immer kürzer wird. Eine harmlose Nachfrage von einem Teammitglied bringt dich plötzlich aus der Fassung.
Job Demand Resource Model
Und nun erkläre ich dir erstmal theoretisch, wieso und weshalb wir Stress empfinden. Das Modell beschreibt den Zusammenhang zwischen Eigenschaften der Arbeitsaufgabe, der Situation am Arbeitsplatz und dem Wohlbefinden der Mitarbeiter. Es versucht vorherzusagen, welche Merkmale der Arbeit positive oder negative Einflüsse auf das Wohlbefinden und die Motivation der Beschäftigten haben. Ziel ist es, Faktoren zu identifizieren, die sich in dem jeweiligen Arbeitskontext auf die Mitarbeiter und die Organisation auswirken. Ursprünglich diente es dazu, mögliche Verursacher von Burn-out zu identifizieren. Mittlerweile können mit dem Modell auch andere im Arbeitskontext wichtige Faktoren wie etwa die Arbeitsleistung vorhergesagt werden.
Das Job Demand Resources Model ist ein wissenschaftlich fundierter Rahmen zur Analyse und Optimierung von Arbeitsbedingungen. Es erklärt, wie Anforderungen und Ressourcen die Motivation und das Wohlbefinden von Mitarbeitenden beeinflussen, und bietet Einblicke, wie negative Belastungen reduziert und positive Effekte gefördert werden können. Das Modell hat zwei Hauptdimensionen:
- Anforderungen (z. B. mentale oder physische Belastungen) können Stress verursachen.
- Ressourcen (z. B. soziale Unterstützung, Autonomie, Feedback) fördern Motivation und mindern Belastungen.
Anforderungen sind dabei nicht per se negativ, können jedoch bei anhaltendem Stress oder fehlender Kompensation (z. B. durch ausreichende Ressourcen) zu Überlastung und gesundheitsschädigenden Prozessen führen. Ressourcen sind jene Aspekte der Arbeit, die zur Zielerreichung beitragen, Anforderungen mindern oder persönliches Wachstum fördern. Ressourcen fördern Motivation, steigern Engagement und helfen, Anspannung abzubauen.
Das Modell beschreibt zwei zentrale Prozesse, die sich aus den Anforderungen und Ressourcen ergeben: Hohe Anforderungen (z. B. Überlastung, Konflikte, Zeitdruck) können langfristig Stress auslösen, der sich negativ auf die physische und psychische Gesundheit auswirkt. Oder anders gesagt: Ein Mitarbeitender, der konstant unter hohem Zeitdruck arbeitet und dabei keine Unterstützung erfährt, könnte überfordert sein und gesundheitliche Probleme entwickeln. Das wird als Gesundheitsschädlicher Prozess bezeichnet.
Ressourcen hingegen fördern Motivation, Arbeitszufriedenheit und Engagement. Sie helfen, Anforderungen zu bewältigen und unterstützen Mitarbeitende dabei, ihre Arbeit als sinnvoll zu erleben. Ein Mitarbeitender, der regelmäßiges Feedback erhält und eigenverantwortlich Entscheidungen treffen kann, fühlt sich wertgeschätzt und ist motivierter. Das beschreibt somit den motivationalen Prozess.
Das JD-R-Modell zeigt, dass die Balance zwischen Anforderungen und Ressourcen entscheidend ist. Zu viele Anforderungen bei zu wenigen Ressourcen führen zu Stress und Erschöpfung, während ausreichende Ressourcen nicht nur Belastungen mindern, sondern auch Motivation und Engagement fördern. Dieses Modell bietet einen klaren Rahmen, um die Arbeitsgestaltung auf individueller und organisationaler Ebene zu verbessern.
Die Studie zeigt:
- Burnout tritt auf, wenn Anforderungen hoch und Ressourcen niedrig sind. Ein Ungleichgewicht zwischen diesen beiden Faktoren verstärkt den gesundheitsschädigenden Prozess.
- Ressourcen haben eine Pufferwirkung: Sie können die negativen Effekte von Anforderungen auf Burnout abschwächen.
- Motivierende Arbeitsumfelder reduzieren das Risiko von Burnout: Wenn Mitarbeitende ausreichende Ressourcen haben, sind sie besser in der Lage, mit Anforderungen umzugehen
Copingstrategien für einen gesunden Umgang mit hohen Anforderungen
Hier sind fünf geeignete Copingstrategien für den beruflichen Alltag, die helfen können, mit Herausforderungen umzugehen:
1. Priorisierung und Zeitmanagement
- Beschreibung: Aufgaben werden nach ihrer Dringlichkeit und Wichtigkeit priorisiert, um den Fokus auf wesentliche Arbeiten zu legen.
- Anwendung: Nutzen Sie Methoden wie die Eisenhower-Matrix oder die Pomodoro-Technik, um strukturiert zu arbeiten und Pausen einzuplanen.
- Ziel: Überforderung reduzieren und den Überblick behalten.
2. Aufbau und Nutzung sozialer Unterstützung
- Beschreibung: Der Austausch mit Kollegen, Mentoren oder Freunden bietet emotionale Entlastung und praktische Hilfen.
- Anwendung: Suchen Sie aktiv den Dialog in herausfordernden Situationen, teilen Sie Ihre Sorgen oder bitten Sie gezielt um Unterstützung.
- Ziel: Stress abbauen, Einsamkeit verhindern und neue Perspektiven gewinnen.
3. Förderung der Resilienz
- Beschreibung: Entwicklung von mentaler Stärke und der Fähigkeit, Rückschläge als Lerngelegenheiten zu betrachten.
- Anwendung: Praktizieren Sie Achtsamkeit (z. B. Meditation) oder führen Sie ein Erfolgsjournal, um positive Erlebnisse bewusst wahrzunehmen.
- Ziel: Besser mit Herausforderungen umgehen und langfristige Belastungen reduzieren.
4. Job Crafting
- Beschreibung: Proaktives Gestalten der eigenen Arbeitsaufgaben und Arbeitsweise.
- Anwendung: Schaffen Sie sich Freiräume für kreative Aufgaben, passen Sie Arbeitsprozesse an Ihre Stärken an oder suchen Sie gezielt nach Tätigkeiten, die Sie motivieren.
- Ziel: Arbeitszufriedenheit und Motivation steigern.
5. Körperliche Aktivität und Pausen
- Beschreibung: Regelmäßige Bewegung und Erholung unterstützen physisches und psychisches Wohlbefinden.
- Anwendung: Integrieren Sie kurze Spaziergänge, Dehnübungen oder Sporteinheiten in Ihren Alltag. Nutzen Sie Pausen, um sich bewusst zu entspannen.
- Ziel: Energie steigern, Stress abbauen und Konzentration fördern.
Welche Folgen kann langanhaltender Stress haben?
Langanhaltende Anspannung ist nicht nur unangenehm – er hat ernsthafte Konsequenzen:
- Für die Gesundheit:
Chronische Überreizung der Ressourcen erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen und Burnout. - Für die Arbeit:
Unter Überspannung sinken Kreativität, Konzentration und Entscheidungsfähigkeit. Fehler passieren häufiger, und die Arbeitszufriedenheit nimmt ab. - Für das Team:
Unter zu hohen Anforderungen zu leiden, ist ansteckend. Wenn du als Führungskraft ständig gestresst bist, überträgt sich das auf dein Team. Das Betriebsklima leidet, Konflikte nehmen zu, und die Zusammenarbeit verschlechtert sich.
Wie kann deine Führungskraft helfen?
Die systematische Übersichtsarbeit „Leadership and Job Demands-Resources Theory: A Systematic Review“ von Lars G. Tummers und Arnold B. Bakker untersucht die Verbindung zwischen Führungsverhalten und der Job Demands-Resources (JD-R)-Theorie. Sie analysiert 139 Studien, um zu verdeutlichen, wie Führung die Arbeitsbedingungen, das Wohlbefinden und die Leistung von Mitarbeitenden beeinflusst.
Die Studie zeigt, dass Führung auf drei Hauptarten die JD-R-Theorie beeinflusst:
- Direkte Auswirkungen von Führung auf Anforderungen und Ressourcen:
- Führungsstile wie transformationale Führung können Ressourcen wie Autonomie und soziale Unterstützung erhöhen.
- Gleichzeitig können destruktive Führungsstile, z. B. missbräuchliche Führung, Anforderungen wie Arbeitsbelastung verstärken.
- Moderierende Rolle von Führung:
- Führungskräfte können den Einfluss von Anforderungen und Ressourcen auf Mitarbeitende beeinflussen. Zum Beispiel kann transformationale Führung den negativen Effekt hoher Arbeitsbelastung auf das Wohlbefinden reduzieren.
- Förderung von Job Crafting und Vermeidung von Selbstuntergrabung:
- Führungskräfte können Mitarbeitende ermutigen, ihre Aufgaben proaktiv zu gestalten (Job Crafting), z. B. durch Eigeninitiative oder das Einfordern von Feedback.
- Destruktive Führung kann dagegen Selbstuntergrabung verstärken, indem sie Fehler oder Ineffizienzen erhöht.
Job Crafting – Arbeit verbessern
Job Crafting beschreibt den Prozess, bei dem Mitarbeitende ihre Arbeit gemäß ihren persönlichen Bedürfnissen, Stärken und Vorlieben aktiv gestalten. Es handelt sich um einen Bottom-up-Ansatz, der darauf abzielt, Engagement und Leistung zu steigern sowie die individuelle Selbstwirksamkeit zu erhöhen.
Job Crafting basiert auf der Idee, dass Mitarbeitende ihre Tätigkeiten aktiv umgestalten können, um sie erfüllender und produktiver zu machen. Es wird zwischen drei Ebenen unterschieden:
Task Crafting: Veränderung der Art, Anzahl und Charakter der Aufgaben.
Beispiele: Ein Buchhalter optimiert seinen Workflow, indem er eine Software einführt, die repetitive Aufgaben automatisiert, um sich mehr der strategischen Planung zu widmen.
Eine Lehrkraft integriert regelmäßig neue digitale Tools in den Unterricht, um den Lernprozess für die Schüler abwechslungsreicher zu gestalten.
Relational Crafting: Anpassung der Art und Intensität von Beziehungen und Interaktionen.
Beispiele: Ein Vertriebsmitarbeiter stärkt Beziehungen zu Kund*innen durch zusätzliche Nachbetreuung, was ihm persönlich Freude bereitet und die Kundenzufriedenheit erhöht.
Eine Mitarbeiterin tauscht sich bewusst öfter mit anderen Abteilungen aus, um ihre Netzwerke zu erweitern und neue Perspektiven für ihre Arbeit zu gewinnen.
Cognitive Crafting: Neuinterpretation der Bedeutung und Wahrnehmung von Aufgaben.
Beispiele: Eine Reinigungskraft in einem Krankenhaus sieht ihre Arbeit nicht nur als Routineaufgabe, sondern als wichtigen Beitrag zur Gesundheit der Patienten.
Ein IT-Mitarbeiter, der häufig Notfälle bearbeitet, interpretiert diese als spannende Herausforderungen, die seine Problemlösungsfähigkeiten stärken.
Damit Job Crafting gelingt, sollten einige Voraussetzungen geschaffen werden. Führungskräfte müssen Autonomie und Eigeninitiative fördern, klare Rahmenbedingungen setzen und eine offene Feedbackkultur etablieren.
Mitarbeitende mit einem hohen Selbstwirksamkeitsgefühl sind eher bereit, aktiv zu werden und Veränderungen vorzunehmen. Ängstliche oder wenig motivierte Mitarbeitende benötigen mehr Unterstützung. Ein unterstützendes Arbeitsumfeld, in dem gegenseitige Wertschätzung und Hilfsbereitschaft gefördert werden, erleichtert Job Crafting.
Die dann anzuwendenden Stellhebel sind dabei sehr individuell, aber auch konkret:
- Ressourcen erhöhen:
- Führungskräfte können Autonomie fördern, Weiterentwicklungsmöglichkeiten bieten und regelmäßiges Feedback geben.
- Herausforderungen suchen:
- Mitarbeitende sollten bewusst nach neuen Aufgaben Ausschau halten, die sie wachsen lassen.
- Anforderungen reduzieren:
- Belastende oder ineffiziente Tätigkeiten können durch Umverteilung oder Automatisierung minimiert werden.
Wichtig ist, dass man Job Crafting nicht als Wunschkonzert begreift, indem es nur darum geht, lästige Aufgaben bleiben zu lassen. Allerdings empfinden Mitarbeiter ihre Arbeit als bedeutsamer, da sie besser auf ihre Stärken und Interessen abgestimmt ist. Indem Mitarbeitende ihre Tätigkeit aktiv gestalten, erleben sie mehr Kontrolle und Autonomie, was ihre Zufriedenheit steigert. Außerdem bedeutet weniger Erschöpfung durch Reduktion belastender Aufgaben oder stärkere Unterstützung durch das Team, eine bessere psychische Gesundheit.
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