Stereotype in der Führung: Wie sie dich beeinflussen & was du dagegen tun kannst

Stereotype Führung

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Inhaltsverzeichnis

  • Was bedeutet Anerkennung im Arbeitskontext?
  • Warum ist es im MAG wichtig?
  • Welche Formen gibt es?
  • Anerkennung richtig einsetzen – Die Dos und Don’ts
  • Wertschätzung und persönliche Bedürfnisse – Nicht jeder braucht dasselbe
  • Lob in schwierigen Zeiten – Warum es gerade dann wichtig ist?
  • Wie integriere ich die Würdigung in jedes Mitarbeitergespräch?

Transkript zur Folge

Willkommen zu Zuhören, Fragen, Führen – deinem Podcast für erfolgreiche Führung und bessere Zusammenarbeit. Heute widmen wir uns einem Thema, das nicht nur unsere individuellen Wahrnehmungen beeinflusst, sondern auch die Art, wie wir zusammenarbeiten und führen: Stereotype.

  • Warum haben wir Stereotype überhaupt?
  • Wie entstehen sie in unserem Gehirn?
  • Welche Auswirkungen haben sie auf Unternehmen, Teams und Karrieren?
  • Und – ganz entscheidend – wie können wir als Führungskräfte mit ihnen bewusst umgehen?

Lass uns einsteigen!

Was sind Stereotype – und warum brauchen wir sie?

Stereotype sind kognitive Abkürzungen – unser Gehirn nutzt sie, um Informationen schnell zu verarbeiten. Sie helfen uns, Ordnung in die Welt zu bringen, indem wir Menschen und Dinge in Kategorien einteilen.

Wie entstehen Stereotype in unserem Gehirn?

Stereotype basieren auf einem dreistufigen Prozess der Kategorisierung:

  1. Kategorisierung:
    • Unser Gehirn teilt Menschen in Gruppen ein, basierend auf sichtbaren Merkmalen wie Geschlecht, Alter oder Hautfarbe.
    • Das passiert automatisch und unbewusst – wir „sehen“ Kategorien, bevor wir darüber nachdenken.
  2. Assoziation:
    • Sobald eine Gruppe gebildet wurde, verbindet unser Gehirn sie mit bestimmten Eigenschaften oder Verhaltensweisen.
    • Diese entstehen durch persönliche Erfahrungen, Medien, kulturelle Normen oder Erziehung.
  3. Generalisation:
    • Wir wenden diese Assoziationen auf alle Mitglieder einer Gruppe an, selbst wenn sie nicht auf Einzelpersonen zutreffen.
Entstehungsprozess Stereotype

Entstehungsprozess Stereotype

Ein Beispiel: Wie entsteht das Stereotyp „Frauen sind emotional“?

  • Kategorisierung: Unser Gehirn unterscheidet zwischen „Männern“ und „Frauen“.
  • Assoziation: Wir haben oft gesehen, dass Frauen in Filmen, Büchern oder im echten Leben Gefühle zeigen (z. B. Fürsorge, Empathie).
  • Generalisation: Die Annahme entsteht: „Alle Frauen sind emotional.“

Das führt dazu, dass Frauen im Berufsleben oft als weniger rational oder entscheidungsstark wahrgenommen werden – obwohl Studien zeigen, dass es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede in Entscheidungsfähigkeit gibt.

Warum ist das problematisch?

Unser Gehirn erwartet dann von Frauen emotionale Verhaltensweisen. Zeigt eine Frau keine Emotionen (z. B. in einer Führungsrolle), empfinden wir sie als „unpassend“ – hier greift der Backlash-Effekt.

Stereotype sind also tief in unseren Denkmustern verankert – und genau deshalb müssen wir sie bewusst hinterfragen.

Von Stereotypen zu Diskriminierung – Die vielen Wege der Benachteiligung

Stereotype beeinflussen Entscheidungen oft unbewusst. Sie führen dazu, dass bestimmte Gruppen übersehen, unterschätzt oder anders bewertet werden.

Zwei bewiesene Mechanismen der Benachteiligung (Heilman et al., 2024):

Der Lack-of-Fit-Effekt (Heilman, 1983) beschreibt das Phänomen, dass Menschen als weniger geeignet für bestimmte Rollen angesehen werden, wenn ihre wahrgenommenen Eigenschaften nicht mit den Anforderungen der Rolle übereinstimmen.

Wie funktioniert dieser Effekt?

  1. Jede Rolle hat ein „Idealprofil“ an Eigenschaften.
    • Eine Führungskraft wird oft mit Durchsetzungsvermögen, Entscheidungsfreude und Dominanz assoziiert – also mit agentischen Eigenschaften.
    • Eine Assistenzkraft wird eher mit Kooperationsfähigkeit und Empathie verbunden – also mit kommunalen Eigenschaften.
  2. Menschen werden basierend auf Stereotypen beurteilt.
    • Frauen werden mit kommunalen Eigenschaften (warm, fürsorglich, teamorientiert) assoziiert.
    • Männer werden mit agentischen Eigenschaften (dominant, selbstbewusst, entscheidungsstark) verbunden.
  3. Wenn eine Person nicht ins Idealprofil passt, wird sie als ungeeignet wahrgenommen.
    • Eine Frau in einer Führungsposition passt nicht zum Stereotyp von Führung (dominant, durchsetzungsstark).
    • Ein Mann in einem Pflegeberuf passt nicht zum Stereotyp von Pflege (einfühlsam, fürsorglich).

Beispiel: Eine Frau als CEO

  • Eine Frau bewirbt sich als CEO eines Technologieunternehmens.
  • Die Entscheider erwarten unbewusst eine dominante, durchsetzungsstarke Führungspersönlichkeit.
  • Da Frauen eher mit Empathie und Teamorientierung in Verbindung gebracht werden, nehmen die Entscheider an, sie sei weniger kompetent – obwohl ihre Qualifikationen identisch mit denen eines männlichen Bewerbers sind.

Folge: Frauen müssen oft mehr leisten, um als kompetent wahrgenommen zu werden, während Männer automatisch mehr Vorschussvertrauen erhalten.

Der Backlash-Effekt (Rudman & Glick, 2001) beschreibt die sozialen Strafen, die Menschen erfahren, wenn sie sich entgegen eines Stereotyps verhalten.

Wie funktioniert dieser Effekt?

  1. Es gibt gesellschaftliche Erwartungen an Gruppen.
    • Frauen sollen kooperativ, freundlich und bescheiden sein.
    • Männer sollen dominant, ehrgeizig und durchsetzungsstark sein.
  2. Wenn eine Person diese Erwartungen bricht, wird sie abgestraft.
    • Eine Frau, die autoritär oder selbstbewusst auftritt, wird als „zu hart“ wahrgenommen.
    • Ein Mann, der in Elternzeit geht oder sehr fürsorglich ist, gilt als „weniger ambitioniert“.
  3. Die Strafe erfolgt nicht durch direkte Ablehnung, sondern durch subtile soziale Mechanismen.
    • Frauen werden als „kalt“ oder „unsympathisch“ beschrieben.
    • Männer in Pflegeberufen oder als Hausmänner werden nicht ernst genommen.

Beispiel: Eine Frau verhandelt ihr Gehalt

  • Eine Frau fordert in einer Gehaltsverhandlung eine Erhöhung – genauso selbstbewusst wie ein männlicher Kollege.
  • Während ein Mann als „durchsetzungsfähig“ wahrgenommen wird, gilt die Frau als „aggressiv“ oder „fordernd“.
  • Das Ergebnis: Sie bekommt nicht nur seltener die Gehaltserhöhung, sondern wird auch als weniger sympathisch bewertet.

Folge: Frauen stehen vor einem Dilemma:

  • Verhandeln sie nicht, verdienen sie weniger.
  • Verhandeln sie, riskieren sie, negativ wahrgenommen zu werden.

Das Dilemma für Frauen in Führungspositionen:

  • Zeigen sie agentisches Verhalten, werden sie als unsympathisch angesehen.
  • Zeigen sie kommunales Verhalten, werden sie als zu weich für eine Führungsrolle wahrgenommen.

Weitere Effekte von Stereotypen in Unternehmen:

  1. Group Think – Einseitige Entscheidungen

Wenn alle in einem Team ähnlich denken (weil nur eine bestimmte Gruppe in Entscheidungspositionen sitzt), entstehen blinde Flecken.

  • Innovation leidet.
  • Risiken werden schlechter eingeschätzt.
  • Vielfalt an Perspektiven fehlt.

Eine Studie von Phillips et al. (2006) zeigt: Heterogene Teams treffen bessere Entscheidungen, weil sie mehr unterschiedliche Blickwinkel einbringen.

  1. Fehlende Förderung von Talenten
  • Führungskräfte neigen dazu, Menschen zu fördern, die ihnen ähnlich sind (Similarity Bias).
  • Frauen und Minderheiten haben dadurch oft weniger Zugang zu Netzwerken und Mentoring.
  1. Unternehmen verpassen wirtschaftliche Chancen

Diverse Teams steigern nachweislich die Kreativität und finanzielle Performance.

  • Eine McKinsey-Studie (2020) zeigt: Unternehmen mit hoher Geschlechterdiversität in Führungspositionen sind 25 % profitabler als solche mit geringer Diversität.
  1. Welche Gruppen sind noch betroffen?

Stereotype betreffen nicht nur Frauen. Weitere betroffene Gruppen sind:

  1. Menschen mit Migrationshintergrund
    • Bewerber mit nicht-deutschen Namen werden laut Studien seltener zum Vorstellungsgespräch eingeladen (Bertrand & Mullainathan, 2004).
  2. Ältere Arbeitnehmer:innen
    • „Zu wenig anpassungsfähig“ – ein häufiges Klischee, obwohl Studien zeigen, dass ältere Mitarbeitende oft besonders loyal und produktiv sind.
  3. LGBTQ+ Personen
    • Laut einer Studie von Human Rights Campaign (2021) verbergen 46 % der LGBTQ+ Mitarbeitenden ihre Identität am Arbeitsplatz aus Angst vor Diskriminierung.
  4. Menschen mit Behinderung
    • Viele Unternehmen glauben fälschlicherweise, dass Menschen mit Behinderung weniger leistungsfähig sind – dabei zeigen Studien, dass sie oft besonders motivierte Mitarbeitende sind.

Wie Führungskräfte Stereotype aktiv abbauen können

Führungskräfte spielen eine zentrale Rolle dabei, stereotype Denkmuster zu erkennen und zu durchbrechen. Da Stereotype oft unbewusst wirken, ist es wichtig, gezielt Mechanismen zu schaffen, die faire und objektive Entscheidungen fördern.

  1. Bewusstwerdung und Selbstreflexion: Die eigene Wahrnehmung hinterfragen

Der erste Schritt besteht darin, sich bewusst zu machen, dass niemand frei von Stereotypen ist – sie sind tief in unserer Sozialisation verankert.

Konkret bedeutet das:

  • Sich selbst regelmäßig fragen: Auf welcher Basis treffe ich meine Beurteilungen?
  • Feedback von Dritten einholen: Habe ich unbewusste Vorurteile in meiner Entscheidungsfindung?
  • Sich mit Studien und Forschung zu Stereotypen auseinandersetzen, um eigene Denkmuster zu erkennen.

Beispiel:
Ein Vorgesetzter stellt fest, dass er Frauen im Team eher für kommunikative Aufgaben einteilt, Männer aber für analytische Projekte. Durch Selbstreflexion erkennt er dieses Muster und passt die Verteilung künftig bewusst diverser an.

  1. Objektive und transparente Entscheidungsprozesse etablieren

Viele stereotype Bewertungen entstehen, weil Entscheidungen auf subjektiven Einschätzungen basieren. Führungskräfte sollten deshalb Strukturen schaffen, die Fairness und Nachvollziehbarkeit sicherstellen.

Konkret bedeutet das:

  • Klare Leistungskriterien für Beförderungen und Gehaltserhöhungen definieren.
  • Standardisierte Bewertungsverfahren einführen, um persönliche Vorlieben zu minimieren.
  • Mehrere Perspektiven in Entscheidungsprozesse einbinden (z. B. durch diverse Auswahlgremien).

Beispiel:
Anstatt eine Person für eine Führungsposition nach „Bauchgefühl“ auszuwählen, nutzt das Unternehmen eine klare Bewertungsskala mit vordefinierten Kompetenzen. So wird sichergestellt, dass nicht unbewusste Stereotype die Entscheidung beeinflussen.

  1. Sprache und Kommunikation bewusst gestalten

Stereotype werden oft durch Sprache verstärkt. Führungskräfte sollten daher darauf achten, inklusive und faire Kommunikation zu fördern.

Konkret bedeutet das:

  • Geschlechtsneutrale Sprache in Stellenausschreibungen verwenden, um niemanden auszuschließen.
  • Frauen und Männer gleichermaßen für ihre fachlichen Kompetenzen loben, statt bei Frauen eher auf soziale Fähigkeiten einzugehen.
  • In Meetings aktiv darauf achten, dass alle gleichwertig gehört werden.

Beispiel:
Eine Führungskraft merkt, dass Frauen in Meetings häufiger unterbrochen werden. Sie setzt gezielt eine Regel ein: Jede Person darf ausreden, bevor eine andere spricht.

  1. Mentoring und Förderung gezielt einsetzen

Studien zeigen, dass Männer häufiger Zugang zu informellen Netzwerken und Mentoren haben, die ihre Karriere aktiv unterstützen. Führungskräfte können diesem Ungleichgewicht bewusst entgegenwirken.

Konkret bedeutet das:

  • Mentoring-Programme einführen, um gezielt Talente aus unterrepräsentierten Gruppen zu fördern.
  • Mitarbeitende aktiv ermutigen, sich für neue Positionen zu bewerben.
  • Frauen und Minderheiten bewusst für strategische Aufgaben oder Führungstrainings vorschlagen.

Beispiel:
Eine Führungskraft fällt auf, dass sich in ihrem Team vor allem Männer auf neue Projekte bewerben. Sie spricht gezielt mit Frauen im Team und ermutigt sie, sich ebenfalls für herausfordernde Aufgaben zu melden.

  1. Eine Unternehmenskultur schaffen, die Vielfalt wertschätzt

Stereotype können nur dann nachhaltig abgebaut werden, wenn sich die gesamte Unternehmenskultur verändert. Führungskräfte müssen ein Arbeitsumfeld schaffen, das Vielfalt nicht nur duldet, sondern aktiv fördert.

Konkret bedeutet das:

  • Diversitäts- und Inklusionstrainings für Führungskräfte und Teams durchführen.
  • Eine Zero-Tolerance-Politik für diskriminierendes Verhalten etablieren.
  • Erfolge von Frauen und Minderheiten sichtbar machen, um Vorbilder zu schaffen.

Beispiel:
Ein Unternehmen analysiert regelmäßig seine internen Strukturen und stellt fest, dass in höheren Positionen vor allem Männer vertreten sind. Es führt gezielt Programme ein, um qualifizierte Frauen in Führungsrollen zu bringen und setzt sich verbindliche Ziele für mehr Vielfalt.

Schritte zur Überwindung von Stereotypen am Arbeitsplatz

Schritte zur Überwindung von Stereotypen am Arbeitsplatz

Fazit: Bewusstes Handeln statt unbewusster Muster

Stereotype zu vermeiden bedeutet nicht, sie einfach zu „unterdrücken“ – das funktioniert nicht. Vielmehr müssen Führungskräfte Strukturen schaffen, die faire Entscheidungen fördern, Reflexion ermöglichen und Vielfalt aktiv stärken.

Jede Führungskraft kann einen Unterschied machen, indem sie:

  1. Sich selbst hinterfragt und bewusst entscheidet.
  2. Objektive Bewertungsmaßstäbe etabliert.
  3. Auf inklusive Sprache achtet.
  4. Gezielte Förderung für unterrepräsentierte Gruppen betreibt.
  5. Eine Unternehmenskultur schafft, die Vielfalt nicht nur zulässt, sondern fördert.

Nur durch dieses bewusste Handeln lassen sich stereotype Denkmuster nachhaltig aufbrechen.

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